Es ist sicher nicht übertrieben, hier von einem historischen Ereignis zu sprechen: Zum Jahresende werden die Gewichtheber den Schwerathletikverband Rheinland verlassen und sich dem 2010 gegründeten Gewichtheberverband Rheinland-Pfalz, in dem bereits die Gewichtheber aus Rheinhessen und der Pfalz zusammengeschlossen sind, anschließen. Damit endet in Deutschland eine lange Tradition. Denn der Schwerathletikverband Rheinland war der letzte Landesfachverband in Deutschland, in dem die beiden olympischen Sportarten Ringen und Gewichtheben noch gemeinsam vertreten waren.
Ringen und Gewichtheben verbindet dabei eine lange Tradition. Als Ende des 19. Jahrhunderts überall in Deutschland die Athletenvereine entstanden und erste Schwerathletik-Verbände gebildet wurden, waren Gewichtheben und Ringen unter einem Dach zusammengefasst. In den meisten Vereinen wurden beide Sportarten ausgeübt, zum 1891 gegründeten Deutschen Athleten-Verband gehörten selbstverständlich die Ringer wie die Gewichtheber. Dies blieb so bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts.
Im Vorfeld der Olympischen Spiele 1972 gingen dann aber in Deutschland die beiden Sportarten getrennte Wege, sowohl der Deutsche Ringer-Bund wie auch der Bundesverband Deutscher Gewichtheber entstanden, nach und nach wurden auch auf Landesebene die Sportarten in eigene Fachverbände getrennt. Nicht so im Rheinland. Hier blieben die beiden Sportarten weiterhin miteinander verbunden. 1973 hatte der damalige Verbandsvorsitzende Josef Pfaffhausen (Boden) dies auf dem Verbandstag so umschrieben: „Alle Schwerathleten unter einem Dach.“ Dies wurde auch in den Jahren danach nie in Frage gestellt.
Die Gewichtheber können dabei auf eine lange und erfolgreiche Tradition im Rheinland zurückblicken. 1886 wurde in Koblenz mit dem Athletenclub Coblenz der erste Schwerathletikverein in der Region gegründet, in dem Ringen und Gewichtheben zu Hause waren. Viele Vereine folgten, Paul Trappen aus Trier gehörte Anfang des 20. Jahrhunderts zu den stärksten Athleten der Welt, ein kurzer Ausflug in die Welt des Varietes verhinderte seinen Start bei Olympischen Spielen. Dies gelang Jakob Vogt aus Ochtendung, der 1928 in Amsterdam den undankbaren vierten Platz im olympischen Heberturnier belegte. Fünf Deutsche Meistertitel gewann Jakob Vogt, 1924 und 1929 wurde er Europameister, 1931 und 1933 zudem Vize-Europameister im Gewichtheben, sechs Weltrekorde stellte er auf.
Auch im 1949 gegründeten Schwerathletikverband Rheinland setzten die Gewichtheber diese erfolgreiche Ära fort. 40 Goldmedaillen gewannen Heber aus dem Rheinland bei Deutschen Meisterschaften, wobei Lothar Hellenbrand (Ehrang) mit acht Titeln und Dieter Meier (Ehrang) sowie Oswald Junkes (Trier), der 1952 an den Olympischen Spielen in Helsinki teilnahm, mit jeweils sieben Meisterschaften die erfolgreichsten Athleten sind. Der Post-Sportverein Trier wurde 1971 Deutscher Mannschaftsmeister der Junioren, die Kylltalheber wurden 1978 Deutscher Jugendmannschaftsmeister, 1981 und 1984 folgten die Titel bei den Junioren. Die KTH Ehrang startete zudem von 1984 bis 1990 und von 1991 bis 1993 in der Gewichtheber-Bundesliga.
Allerdings sollte es danach ruhiger werden um die Gewichtheber im Rheinland. Viele Vereine stellten den Sportbetrieb ein, in Bitburg, Idar, Hetzerath, Ochtendung, Birkenfeld oder Bad Kreuznach ist Gewichtheben schon länger Geschichte. Zuletzt waren nur noch die Kylltalheber in Trier-Ehrang aktiv. 1990, also vor 24 Jahren, gab es die letzten Rheinland-Meisterschaften der Gewichtheber. Die Bronzemedaille von Niklas Schieren (KTH Ehrang) 2005 bei der B-Jugend war die letzte von 94 rheinländischen Gewichtheber-Medaillen bei Deutschen Meisterschaften.
Als 2010 der Gewichtheberverband Rheinland-Pfalz gegründet wurde, entschieden sich die Schwerathleten im Rheinland dennoch dafür, vorerst weiter selbstständig zu bleiben. Doch nachdem sich zeigte, dass die KTH Ehrang wohl auf absehbare Zeit der einzige Gewichtheberverein im Rheinland bleiben wird, entschloss sich der Verein auf seiner Mitgliederversammlung 2013, einen Aufnahmeantrag in den Gewichtheberverband Rheinland-Pfalz zu stellen und den Schwerathletikverband Rheinland zu verlassen. Im Mai entschied der Verbandsvorstand angesichts der Tatsache, dass mit dem Austritt der KTH Ehrang kein Gewichtheben mehr im Verband vertreten sein wird, Ende des Jahres aus dem BVDG auszuscheiden und künftig nur noch die Sportarten Ringen und Kraftdreikampf zu betreiben. Auch hier endet damit eine lange Verbundenheit. Denn der Schwerathletikverband Rheinland gehörte zu den Gründungsmitgliedern sowohl des Deutschen Athleten-Bundes 1949 wie auch des Bundesverbandes Deutscher Gewichtheber 1969.