Vor 20 Jahren stand Koblenz im Fokus der Ringer-Welt. Am 27. und 28. März 1993 wurde in der Sporthall Oberwerth der 21. „Große Preis von Deutschland“ im griechisch-römischen Stil ausgetragen, zwei Tage lang war die Ringer-Weltklasse zu Gast an Rhein und Mosel. 156 Sportler aus 21 Ländern, darunter neun Olympiasieger, sechs Welt- und 13 Europameister waren am Start, die Nachrichtenagentur dpa sprach von einer „kleinen Weltmeisterschaft“ in Koblenz.
„Es war ein unvergessenes Erlebnis“, meint 20 Jahre später Günter Peifer, der heutige Vorsitzender des ASV Rübenach und Geschäftsführer des Schwerathletikverbandes Rheinland. Und die Präsidentin des Schwerathletikverbandes Rheinland, Marion Pangsy (Koblenz-Metternich), schwärmt noch heute von diesem Turnier: „Es war eine wahnsinnige Zeit und einfach nur gigantisch.“
Seit 1974 war der „Große Preis von Deutschland“ die Generalprobe der Ringer für die jeweils einen Monat später stattfindenden Europameisterschaften. Entsprechend hochkarätig war das Teilnehmerfeld bei diesem Turnier. Ursprünglich für 1993 in der Pfalz geplant, fragte der damalige Pfälzer Ringer-Boss Robert Litzenburger, Macher beim VfK Schifferstadt und Schatzmeister im Deutschen Ringer-Bund, bei den Rheinländern nach, ob sie dieses Turnier kurzfristig in Koblenz ausrichten könnten.
„Robert Litzenburger wusste, dass er sich auf unsere Leute verlassen konnte“, ist Dieter Heimig (Ruschberg) überzeugt. Der heute 74-Jährige war damals Vorsitzender des Schwerathletikverbandes Rheinland und gehörte an führender Stelle dem Organisationskomitee für den Großen Preis in Koblenz an. Gemeinsam mit den Vertretern der beiden Koblenzer Vereine aus Rübenach und Metternich wurde der Ausrichtung des Turniers zugestimmt.
„Dabei wussten wir überhaupt nicht, was auf uns zukommt“, erinnert sich Günter Peifer. Man hätte nie geglaubt, dass man in Koblenz ein solches Turnier stemmen könnte. Gemeinsam mit Robert Litzenburger, der 1996 nach schwerer Krankheit verstarb, wurden Gespräche mit Sponsoren und der Stadt geführt, nicht nur aus Koblenz, auch aus dem Westerwald halfen Ringerfreunde, ebenso aus anderen Vereinen im Rheinland. „Und die Unterstützung durch die Stadt war ebenfalls toll“, sagt Marion Pangsy.
Bereits wenige Tage vor dem Großen Preis kamen die ersten Delegationen. Fahrdienste wurden organisiert, ebenso die Unterkünfte für Sportler und Offizielle, Teams mussten vom Frankfurter Flughafen abgeholt werden, dann natürlich auch der Aufbau in der Sporthalle und die Betreuung der Ehrengäste. „Es war schon ein tolles Gefühl, die bekannten Sportler, die man sonst nur aus dem Fernsehen oder den Sportzeitschriften kannte, mal persönlich kennenzulernen“, erzählt Günter Peifer. „Hier sind viele Freundschaften entstanden, bekannte Ringer waren bei Vereinsmitgliedern zu Hause“, sagt auch Marion Pangsy. Davon erzählen noch heute viele Ringerfans, fügt sie schmunzelnd hinzu.
Auch wenn sich das Zuschauer- und Medieninteresse bei dem Großen Preis in Koblenz in Grenzen hielt, war dennoch war die Stimmung in der Halle gut. Ein Raunen ging jedes Mal durch die Zuschauerreihen, wenn Alexander Karelin aus Russland, damals bereits zweimaliger Olympiasieger, dreifacher Welt- und fünfmaliger Europameister im Schwergewicht, auf die Matten ging. Er war der absolute Star des „Großen Preises von Deutschland“ in Koblenz und siegte in seiner Gewichtsklasse auch überlegen.
Bild Karalin und T. Pangsy
Aber auch der deutsche Olympiasieger von 1992 in Barcelona, Maik Bullmann, stand im Mittelpunkt des Zuschauerinteresses. „Leider konnte ich von dem Sport auf der Matte nur wenig sehen, dafür war ich zu sehr im Einsatz“, bedauert Günter Peifer. Zu den Siegern von Koblenz gehörten neben Karelin der russische Weltklasseringer Safar Guliew, der norwegische Olympiasieger Jon Rönningen und der frisch eingedeutschte Weltklassemann Alfred Ter-Mkrytchan aus Schifferstadt. Aber auch spätere Medaillengewinner bei Olympischen Spielen wie Thomas Johansson und Mikael Ljungberg aus Schweden oder Andrzej Wronski aus Polen waren in Koblenz dabei.
Der russische Ausnahmeringer Karelin sorgte später beim Abschlussbankett, das eine Koblenzer Brauerei gesponsert hatte, für gute Stimmung. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie Karelin auf den Tisch stieg, um dort zu tanzen“, erzählt schmunzelnd Dieter Heimig. Der heutige Ehrenpräsident des Rheinlands erhielt auch von Alexander Medwed, dreifacher Olympiasieger und großer Gegenspieler von Wilfried Dietrich, in Koblenz als Präsident des Weißrussischen Ringer-Verbandes und Vizepräsident des dortigen NOK, eine Ehrengabe. „Dieses von Hand gemalte Bild hat noch heute einen Ehrenplatz in meiner Wohnung“, so Heimig.Der „Große Preis von Deutschland“ war jedenfalls für das kleine Rheinland ein großer Image-Gewinn. Auch die Turniere von 1994 und 1995 wurden nach Koblenz vergeben, der spätere FILA-Präsident Raphi Martinetti aus der Schweiz, der in Koblenz als FILA-Offizieller tätig war, brachte Koblenz sogar als Ausrichter einer Weltmeisterschaft ins Gespräch. Koblenzer halfen später beim Ringer-Weltcup in Schifferstadt, ab 1997 gab es mehrere Deutsche Meisterschaften in der Stadt an Rhein und Mosel.
„Wir haben viel gelernt von diesem großen Turnier, und ohne diese Erfahrungen hätten wir uns wahrscheinlich nie getraut, eine Deutsche Meisterschaft auszurichten“, betont Günter Peifer. „Das Rheinland konnte durch den Großen Preis viele Kontakte knüpfen, die heute noch bestehen“, sagt auch Marion Pangsy. Sie selbst wurde 1995 kommissarisch Frauenreferentin des DRB, 1996 wurde sie offiziell ins Präsidium des Deutschen Ringer-Bundes gewählt. „Das wäre ohne dieses Turnier sicher nie passiert“, ist sie sich sicher.
Und Dieter Heimig ist überzeugt, dass durch den Großen Preis viele im Rheinland erst erkannt hätten, was sie wirklich leisten könnten. Und so sind auch 20 Jahre nach diesem ersten großen Weltklasse-Treffen der Ringer im Rheinland die Erinnerungen an den „Großen Preis von Deutschland“ lebendig. „So etwas vergisst man nicht“, sagt Dieter Heimig. Und Günter Peifer betont auch heute noch: „Das war absolut spannend und wird immer in Gedächtnis bleiben.“